Mit eindringlichen Reden, künstlerischen Beiträgen und persönlichen Erzählungen ist am Sonntag in Köln das 6. Festival der Solidarität fortgesetzt worden. Unter dem Eindruck von Repression, Exil und politischer Haft standen Themen wie Meinungsfreiheit, Widerstand und die Realität politischer Gefangener in der Türkei im Mittelpunkt.
Am dritten Festivaltag kamen Aktivist:innen, Journalist:innen und ehemalige Gefangene zu Wort, die über ihre Erfahrungen mit Repression und Haft berichteten. Sie warnten vor zunehmender Einschränkung von Grundrechten und betonten zugleich die Kraft von Solidarität und zivilgesellschaftlichem Widerstand.
Stimmen der Unterdrückten
In einem Panel unter dem Titel „Freiheit – Die Betroffenen sprechen“ diskutierten unter anderem die Menschenrechtlerin renommierte Forensikerin Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı, die Euskirchener Kommunalpolitikerin Zizik Şahbaz, die Journalist:innen Nedim Türfent, Isminaz Temel und Özgür Sevinç Şimşek, der Autor und Aktivist Adil Okay sowie Mehmet Zeki Doğan, der nach 27 Jahren Haft 2024 entlassen wurde.
Türfent kritisierte die mediale Doppelmoral im Umgang mit kurdischen Medienschaffenden: „Wenn es um uns geht, werden die Augen verschlossen.“ Şahbaz berichtete von einem Verfahren gegen sie in der Türkei, das ohne tatsächliche Anhörung zur Verurteilung führte: „Im Gerichtssaal hat man uns keine fünf Minuten zugehört.“
Temel sprach von einem „dünnen roten Faden zwischen Journalismus und Gefängnis“ in der Türkei. Şimşek schilderte ihre Erfahrungen in Haft und sagte: „Wer anders ist, spürt jederzeit die Repression des Staates.“ Adil Okay, Mitbegründer des „Görülmüştür“-Kollektivs, analysierte die Kontinuität staatlicher Repression in Gefängnissen: „Die Umstände ändern sich, aber die Logik der Unterdrückung bleibt.“ Mehmet Zeki Doğan wies auf den Wandel des Strafvollzugs hin: Vom alten Zellensystem zur Isolation in F- und „Brunnen“-Typ-Gefängnissen mit dem Ziel, Solidarität zu zerschlagen.
Alle Teilnehmenden machten deutlich, dass trotz der Repression Formen von Widerstand und Zusammenhalt weiterbestehen – in den Zellen wie auch in der Diaspora.
Lesung aus Briefen politischer Gefangener
Am Nachmittag präsentierte die in Stuttgart lebende Menschenrechtsaktivistin Gül Güzel Passagen aus ihrem Buch „Stimmen der Gefangenen“, das auf langjährigen Briefwechseln mit politischen Gefangenen in der Türkei basiert. „Diese Briefe sind eine Form des Durchhaltens und ein Akt des Widerstands“, sagte Güzel.
Theaterstück bringt Stimmen aus dem Gefängnis auf die Bühne
Ein emotionaler Höhepunkt des Tages war das Theaterstück „Uzağa Bakamamak“ („Nicht in die Ferne blicken können“), geschrieben von Adil Okay, auf die Bühne gebracht von Tülin Şahin Okay mit musikalischer Begleitung durch Araz Güler.
Die eindrucksvolle Soloperformance verwob innere Monologe, Lieder und Erinnerungen politischer Gefangener zu einem intensiven Bühnenerlebnis. Trotz düsterer Themen wie Isolation, Folter und Entmenschlichung stand am Ende ein Appell an Menschlichkeit und Widerstandskraft: „Können wir die Wahrheit wirklich noch ignorieren?“, fragte das Stück. Es hinterließ beim Publikum starke Emotionen und erinnerte an die Notwendigkeit, nicht zu schweigen.
Abschluss mit Film über ermordete armenische Revolutionäre
Das Festival endet am Dienstag (11. November) mit der Filmvorführung von „Red“, einer Dokumentation des Journalisten und Autors Kadir Akın, im Filmhaus Köln. Der Film erzählt die Geschichte von Paramaz, einem armenischen Sozialisten, der 1915 gemeinsam mit 19 Mitstreitern auf dem Istanbuler Beyazıt-Platz hingerichtet wurde. Nach der Vorführung wird Kadir Akın mit dem Publikum ins Gespräch kommen.











