Im Bürgerzentrum Ehrenfeld fand eine eindrucksvolle Podiumsdiskussion unter dem Titel „Demokratie in der Osttürkei – Kommunalpolitik zwischen Selbstverwaltung, Zwangsverwaltung und Gefängnis“ statt. Zu den Teilnehmenden zählten Serra Bucak, die amtierende Oberbürgermeisterin von Diyarbakır, die Landtagsabgeordnete Carolin Kirsch (SPD), der Kölner Bürgermeister Andreas Wolter (Bündnis 90/Die Grünen) und Vedat Akter (Die Linke Köln). Die Veranstaltung wurde von Çiler Fırtına moderiert.
Berit Kranz eröffnete die Diskussion mit einer Begrüßung im Namen der Kinderhilfe Mesopotamien und stellte die Solidaritätsarbeit ihres Vereins vor. Anschließend begann die Podiumsdiskussion mit einer Rede von Bürgermeister Andreas Wolter.
Andreas Wolter: „Die Repression ist spürbar“
In seiner Rede erinnerte Wolter an seinen Prozessbesuch bei der ehemaligen Oberbürgermeisterin von Diyarbakır, Gültan Kışanak, in Malatya:
„Die oppositionellen Bürgermeister:innen in der Türkei stehen unter enormem Druck. Man brauchte kein Türkisch zu verstehen, um die Repression im Gerichtssaal zu spüren. Leider wird die Politik der Zwangsverwaltung weiter fortgeführt – neu gewählte Bürgermeister:innen werden erneut abgesetzt. Dennoch war es ein Zeichen der Hoffnung, dass Serra Bucak kürzlich am europäischen Treffen der Bürgermeister:innen (CEMR) in Karlsruhe teilnehmen konnte.“
Serra Bucak: „Wir kämpfen trotz aller Repressionen“
Serra Bucak sprach eindringlich über die Situation in Diyarbakır und die anhaltende Politik der Zwangsverwaltung:
„Uns droht nun die dritte Zwangsverwaltung. Der letzte Oberbürgermeister, Adnan Selçuk Mızraklı, sitzt seit fünf Jahren in Haft. Sie sind nicht nur politische Gefangene, sondern ‚politische Geiseln‘. Trotz dieser Repressionen tun wir alles, um unsere Stadt weiter aufzubauen und den Menschen Hoffnung zu geben.“
Carolin Kirsch: „Eine Stimme für die Opposition“
Die Landtagsabgeordnete Carolin Kirsch betonte, wie wichtig es sei, der Opposition in der Türkei Gehör zu verschaffen:
„Im Landtag versuchen wir mit verschiedenen Veranstaltungen, den unterdrückten Stimmen aus der Türkei eine Plattform zu geben. Gleichzeitig beobachten wir mit großer Sorge den Abbau des Rechtsstaats und die Entwicklung hin zu einem autoritären Regime.“
Vedat Akter: „Frieden und Freiheit für die Kurden“
Vedat Akter von Die Linke Köln sprach über die prekäre Lage der Kurden in der Türkei und die Situation in Rojava:
„Die Kurden brauchen endlich Frieden, doch sie sehen sich erneut mit Zwangsverwaltungen und Repressionen konfrontiert. In Rojava droht zudem ein neuer Krieg: Türkische Luftangriffe und Angriffe syrischer Islamisten treffen erneut die Zivilbevölkerung. Ein besonders erschütterndes Beispiel ist der 82-jährige Ahmet Türk, der ehemalige Oberbürgermeister von Mardin, der seit 2016 zum dritten Mal abgesetzt und durch Zwangsverwaltung ersetzt wurde.“
Die Diskussion war geprägt von starken Appellen für Demokratie, Menschenrechte und Frieden sowie von der Solidarität mit den politisch Verfolgten in der Türkei.
Rund 80 Personen nahmen an der Veranstaltung teil, die gemeinsam von der Kinderhilfe Mesopotamien, TÜDAY, Kulturforum und unserem Verein Stimmen der Solidarität – Mahnwache Köln e.V. organisiert wurde.