Im Bürgerhaus MüZe hat die Menschenrechtswoche erfolgreich begonnen, die von Avrupa Sürgünler Meclisi (Exilantenrat e.V.), Tüday, dem Kulturforum, der Föderation der Alevitischen Verbände und unserem Verein gemeinsam organisiert wurde. An der Auftaktveranstaltung nahmen als Redner*innen Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı, ehemalige Präsidentin der Türkischen Ärztekammer (TTB), der Journalist und Autor Doğan Özgüden, der Schriftsteller Murat Çakır sowie Hüseyin Mat, Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde Deutschlands (AABF), teil. Wir freuten uns dass mehr als 100 Menschen an der Veranstaltung teilgenommen haben.
Toksoy: „Armut und Menschenrechtsverletzungen prägen die Realität von heute“
Enver Toksoy, Mitglied der Exilantenrat e.V., sprach im Namen der organisierenden Institutionen und hob hervor, dass Tausende politische Gefangene und kranke Häftlinge unter Verletzung ihrer Menschenrechte und ihres Lebensrechts weiterhin inhaftiert seien. Toksoy sagte: „Frauen und Kinder werden getötet, während riesige Budgets für Krieg und Militarismus bereitgestellt werden. Dies führt dazu, dass immer mehr Menschen in Armut geraten. Hunger und ein Leben in Elend sind die Realität unserer Zeit.“
Überall: „Oppositionelle in der Türkei stehen ständig unter Druck“
Frank Überall, ehemaliger Präsident der Deutschen Journalisten-Union (DJU), sprach über die Lage von Journalistinnen und Oppositionellen in der Türkei. „Wir verfolgen die ständigen Repressionen gegen Kritikerinnen und Journalistinnen in der Türkei genau. Dort kann man als Journalist jederzeit verhaftet werden. Wir hoffen auf eine demokratische Türkei, in der Journalistinnen frei arbeiten können“, so Überall.
Fincancı: „Normalisierung von Repression und Isolation in der Türkei“
Prof. Dr. Şebnem Korur Fincancı berichtete von ihren persönlichen Erfahrungen mit staatlicher Repression in der Türkei. „Vor zwei Jahren war ich bereits hier in Köln bei einer ähnlichen Veranstaltung. Zwei Tage nach meiner Rückkehr wurde mein Haus durchsucht und ich festgenommen“, erklärte sie. Während ihrer Haft habe sie die Isolationsbedingungen in neuen Gefängnissen aus erster Hand erlebt. „Sie versuchten, mich vollständig zu isolieren, selbst auf dem Weg zu Gesprächen mit meinen Anwälten.“ Fincancı betonte, dass inhaftierte Personen zunehmend routinemäßig mit hinter dem Rücken angelegten Handschellen behandelt werden. „Diese Praktiken werden immer mehr normalisiert, und die Gesellschaft soll an solche Repressionen gewöhnt werden“, warnte sie. Abschließend stellte sie die Frage: „Die Menschenrechtsverletzungen nehmen weltweit zu. Was können wir tun, um diese Verstöße aufzudecken?“
Mat: „Wir müssen den Kampf der Alevit*innen stärken“
Hüseyin Mat, Vorsitzender der Alevitischen Gemeinde Deutschlands (AABF), sprach über die Unterdrückung der alevitischen Bevölkerung in der Türkei. „Hier in Deutschland haben wir durch unseren Einsatz einige rechtliche Erfolge erzielt. Aber wir müssen diesen Kampf weiter ausbauen und die Errungenschaften der Alevit*innen stärken“, betonte Mat. Der Autor Murat Çakır thematisierte die Probleme, die durch Migration entstehen, sowie den zunehmenden Rassismus in Europa. „Wir erleben ein Erstarken faschistischer Bewegungen in Europa. Migrant*innen müssen ihre Stimme gegen diese Entwicklungen erheben“, forderte Çakır.
Özgüden: „Wir müssen unsere Stimme für die Menschenrechte erheben“
Der letzte Redner, der Journalist Doğan Özgüden, berichtete über seinen persönlichen Weg: Nach der Verhängung des Militärmemorandums vom 12. März 1971 sah er sich aufgrund seiner Veröffentlichungen mit einer Haftstrafe von über 300 Jahren bedroht und verließ daraufhin die Türkei. Seit 1974 lebt er in Belgien. Özgüden rief dazu auf, die Stimme gegen die Verletzungen der Menschenrechte zu erheben. Das Panel mit dem Titel „Migration, Krieg und Menschenrechte“ endete mit einer Frage-Antwort-Runde und einem musikalischen Beitrag von Meral Coşkun und Dilvan Roni.
Eine weitere Podiumsdiskussion, Filmvorführungen und Konzert werden folgen
Im Rahmen der Menschenrechtswoche wird am Dienstagabend der Dokumentarfilm „ Tearing Walls Down (Yıkılacak Duvarlar)“ gezeigt. Am Mittwoch, den 11. Dezember, findet ein weitere Podiumsdiskussion mit der Bürgermeisterin von Diyarbakır, Serra Bucak, Carolin Kirsch (MdL-SPD), Andreas Wolter (Bürgermeister – B`90 – Die Grünen) und Vedat Akter (Linke Köln) im Bürgerzentrum Ehrenfeld statt. Ebenfalls am Mittwoch der Film „Träume haben keinen Duft“ vom Solmaz Gholami in Leverkusen (VHS Kommunales Kino) gezeigt. Im Anschluss gibt es eine Gesprächsrunde mit Hamide Akbayir und der Regisseurin Solmaz Gholami. Die Veranstaltungswoche endet am Sonntag, den 15. Dezember, mit einem Konzert der Gruppe Collektif Medz Bazar im Bürgerhaus Mülheim.