Der kurdischstämmige Musiker Ali Baran ist am 8. März am Flughafen in Istanbul verhaftet worden. Das berichtet Stefan Struck vom Arbeitskreis Partnerstadt Karlsruhe-Van. Die Staatsanwaltschaft werfe ihm Terrorpropaganda vor. Baran lebt seit vielen Jahren in Durlach. In der Karlsruher Kulturszene ist er gut vernetzt. Seit 1993 ist Baran deutscher Staatsbürger. Zwischenzeitlich wurde er laut Struck aus der Untersuchungshaft entlassen. Er dürfe die Türkei aber nicht verlassen. Für Nachfragen hat diese Reaktion ihn noch nicht erreicht. Struck hat am Freitagmorgen mit Baran gesprochen. Der Musiker habe berichtet, die Justizbehörden sehen ihn als türkischen Staatsbürger. Laut eigener Aussage wurde er allerdings nach dem Militärputsch und seiner Flucht aus dem Land im Jahr 1982 offiziell ausgebürgert. Er besitze überhaupt keine türkischen Papiere, sagt Baran. Die deutsche Botschaft hat er bereits eingeschaltet.
Baran reiste trotz drohender Repressionen immer wieder in die Türkei
Ärger mit der türkischen Justiz hatte der 1956 in einem Dorf im türkischen Kreis Hozat geborene Ali Baran schon mehrfach. Vor seiner Flucht, so schreibt er es auf seiner Webseite, musste er für zwei Monate ins Gefängnis – weil er kurdische Lieder gesungen habe. Ihm drohte eine mehrjährige Haftstrafe, deshalb kehrte er seiner Heimat schließlich den Rücken. Trotz drohender Repressionen reiste Baran nach seiner Einbürgerung in Deutschland aber immer wieder in die Türkei.„Er war sich des Risikos bewusst, wollte sich aber nicht einschränken lassen“, erzählt Struck dieser Redaktion und bescheinigt Baran eine „mutige Haltung“. 2015 wurde der Musiker nach einem Auftritt in der Karlsruher Projektpartnerstadt Van in Abwesenheit zu einem Jahr Gefängnis verurteilt, berichtet Struck. Der Fall sei mittlerweile verjährt.
Karlsruher Wahlhelfer wurde 2018 die Einreise verweigert
Anfang März flog Ali Baran nach Istanbul, um eine neue CD aufzunehmen. Am Flughafen hielten die Sicherheitsbehörden ihn fest. „Wir erleben unter dem Eindruck der anstehenden Wahlen in der Türkei zunehmende Repressionen gegen die kurdische Bevölkerung“, kritisiert Struck, der sich als Berater für die Kurdische Gemeinde Deutschland (KGD) engagiert. 2018 war der Karlsruher selbst am Flughafen Izmir nicht über die Kontrolle hinausgekommen. Wegen angeblicher Sicherheitsbedenken verweigerte die Polizei ihm die Einreise. Eigentlich war Struck als Wahlbeobachter in die Türkei geflogen. Gut ein Jahr später sorgte die Absetzung von Bedia Özgökce Ertan als Bürgermeisterin der Karlsruher Projektpartnerstadt Van für Misstöne. Die türkische Regierung warf der kurdischstämmigen Politikerin ebenfalls Terrorpropaganda vor. Ertans Amtsvorgänger Bekir Kaya, der im Sommer 2016 in Karlsruhe den Vertrag zur Projektpartnerschaft unterschrieben hatte, war im November 2016 verhaftet worden. In beiden Fällen wandte sich Oberbürgermeister Frank Mentrup (SPD) an das türkische Generalkonsulat in Karlsruhe. Erfolg hatten seine Interventionen nicht.
Fraktionen reagieren auf die Verhaftung Barans
Dennoch hofft Stefan Struck auch im Fall Ali Baran auf eine Reaktion aus dem Karlsruher Rathaus. In der Nacht auf Freitag informierte er Mentrup und die Fraktionen des Gemeinderats über die Verhaftung des Musikers. In einer ersten Reaktion zeigte sich die Karlsruher Liste (KAL) „entsetzt“. Baran sei „der Willkür des türkischen Staates ausgeliefert“, kritisiert Stadtrat Lüppo Cramer, der Ali Baran als „meinen Freund“ bezeichnet. Der Vorwurf der Terrorpropaganda sei absurd. „Baran hat sich immer für die kurdische Identität und Kultur eingesetzt.“ Es brauche „lautstarke Proteste“, so Cramer. Auch die Linke äußerte sich am Freitagmittag. Stadträtin Karin Binder forderte den OB auf, sich beim Auswärtigen Amt und der türkischen Botschaft für Ali Baran und für seine Ausreise einzusetzen. Es sei zu befürchten, dass Baran wie andere deutsche Staatsangehörige kurdischer Abstammung „jahrelange Haft droht, ohne dass jemals ein Strafverfahren eröffnet wird“. Die Stadt Karlsruhe hat sich bislang noch nicht geäußert. Man sei dabei, die Informationen zu verifizieren, heißt es aus dem Rathaus.
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