Den Umständen entsprechend, sagt Tamer Demirci, gehe es ihm gut. „Es ist aber eben viel im Moment“, fügt der 24-Jährige hinzu. Sein Bruder, Adil Demirci, befindet sich seit einem Monat in der Türkei in Haft. Adil Demirci ist Sozialarbeiter, in Remscheid arbeitet er für den Internationalen Bund in der Jugendmigrationshilfe (der RGA berichtete). „Er hat sich um traumatisierte geflüchtete Jugendliche aus Syrien gekümmert“, berichtet Tamer und fügt hinzu: „Es ist tragisch: Er berät Leute, die geflohen sind und sitzt jetzt in Haft.“
Adil Demirci war mit seiner an Krebs erkrankten Mutter im April nach Istanbul geflogen, um sich um sie zu kümmern, während sie ihre Familie wiedersah, berichtet der Bruder. Die Einreise sei kein Problem gewesen. Als Adil während des Aufenthaltes festgenommen wurde, war das für die Familie ein großer Schock. Dem 32-Jährigen wird Terrorpropaganda vorgeworfen. Er hatte als freier Journalist für die linke Nachrichtenagentur Etha geschrieben, berichtet sein Bruder. Er ist nicht der erste Mitarbeiter der Agentur, der in der Türkei in Haft genommen wurde – ähnlich ist es zuvor der Journalistin Mesale Tolu ergangen. Damit gerechnet, sagt Tamer, habe sein Bruder aber nicht. „Er war ein paar mal in den vergangenen Jahren in der Türkei“, sagt er.
Hardt will Kontakt zur Familie suchen
Tamer rechnet nicht damit, dass sein Bruder, der die deutsche und die türkische Staatsbürgerschaft hat, bald wieder auf deutschem Boden sein wird. „Bis der Prozess startet, wird es wohl dauern. Aber wenn er startet, kommt er bestimmt raus. Mitglied einer Terrorvereinigung zu sein – das ist doch der Standardvorwurf, den die Türkei in solchen Fällen bringt. Es stimmt nicht“, sagt er.
Jeden Mittwoch veranstaltet Tamer von 18 bis 20 Uhr mit Familie und Freunden eine Mahnwache auf dem Wallraffplatz in Köln – und hofft, dass viele Menschen dazu kommen. Auf Facebook macht er mit der Seite „Freiheit für Adil Demirci“ auf den Fall aufmerksam. Sein Informatik-Masterstudium will er jetzt abbrechen, stattdessen Geld verdienen, auch um die Anwälte für seinen Bruder bezahlen zu können.
Jürgen Hardt, Bundestagsabgeordneter für Remscheid, Solingen und Wuppertal und außenpolitischer Sprecher der CDU/CSU ist mit dem Fall betraut. „Ich stehe mit dem Auswärtigen Amt in Kontakt. Es nimmt sich dem Fall an“, sagt er. Mehr will er derzeit dazu nicht sagen – zunächst wolle er den Kontakt zu Demircis Familie suchen.
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